Düsseldorf, 8. Oktober 2020 – Immer mehr Menschen bezahlen bargeldlos und die Covid-19-Pandemie hat diese Entwicklung beschleunigt. Auch in Deutschland nehmen die elektronischen Transaktionen weiter zu – von 227 Transaktionen pro Kopf und Jahr im Jahr 2019 auf 278 Zahlvorgänge im Jahr 2024 bei einer schnellen Erholung von der Krise. Doch selbst mit dieser Entwicklung läge Deutschland im europäischen Vergleich bei der Anzahl bargeldloser Zahlungen im Mittelfeld und unter dem Durchschnitt von 264 Transaktionen. Zum Vergleich: Spitzenreiter Norwegen zählt 563 bargeldlose Transaktionen pro Kopf und Jahr. Das sind Ergebnisse des Reports Global Payments 2020 – Fast Forward into the Future, für den die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) jährlich die weltweiten Zahlungsströme und Erträge der Zahlungsdienstleister analysiert.
„Die Coronakrise hat das bargeldlose Zahlen in Deutschland befördert. Wir beobachten, dass die Menschen kontaktlosen Kartenzahlungen und neuen Bezahlmethoden immer offener gegenüberstehen – auch aus Hygiene-Gründen. Langfristig ist jedoch zu berücksichtigen, dass manche Konsumenten nach der Pandemie wieder zu alten Zahlungsgewohnheiten zurückkehren werden“, sagt Dr. Markus Ampenberger, BCG-Experte für Zahlungsverkehr und Koautor der Studie. „Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gibt es in Deutschland noch großes Wachstumspotenzial“, sagt Ampenberger weiter.
Ertragswachstum vorerst gering
Deutlich moderater fallen die Prognosen für die Erträge der Banken und Zahlungsdienstanbieter aus: Je nachdem, ob und wie schnell die Wirtschaft sich von den Folgen der Pandemie erholt, steigen die Erträge bis 2024 weltweit lediglich um ein bis vier Prozent jährlich auf maximal 1,8 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: Zwischen 2014 und 2019 verzeichnete die Branche Rekordzuwächse von durchschnittlich 7,3 Prozent auf aktuell 1,5 Billionen US-Dollar. Für Deutschland liegen die Prognosen im günstigsten Fall bei einem jährlichen Wachstum von einem Prozent, im schlechtesten Fall schrumpfen die Erträge sogar um 1,7 Prozent pro Jahr, getrieben durch die sinkenden Zinserträge.
Aufgrund der konjunkturellen Unsicherheit hat BCG für die Prognosen in der Studie drei Konjunktur-Szenarien zugrunde gelegt: eine schnelle beziehungsweise langsame Erholung der Wirtschaft und als dritte Option eine tiefgreifende Auswirkung der Krise. Langfristig steigen in allen Szenarien die Transaktionserträge zwischen 2025 und 2029 wieder deutlicher an. Die Zahlungsdienstleister können bis 2029 mit Erträgen zwischen 1,9 und 2,4 Billionen US-Dollar rechnen, was einer jährlichen Wachstumsquote von 4,4 bis 5,6 Prozent entspricht. „Die Covid-19-Pandemie drückt zwar kurzfristig die Erträge, weil insgesamt weniger gekauft wird. Mittelfristig rechnen wir aber nicht nur bei der Zahl der Transaktionen, sondern auch auf der Ertragsseite mit einem kräftigen Wachstum. Darauf müssen sich die Anbieter jetzt vorbereiten“, sagt Dr. Markus Ampenberger.
Markt für Zahlungsdienstanbieter im Umbruch
Nach wie vor ist das Privatkundengeschäft mit einem Anteil von zwei Dritteln der größte Ertragsbringer im Zahlungsverkehr. Treiber ist der Onlinehandel, der durch Corona in einigen Segmenten einen kräftigen Schub bekommen hat. Gleichzeitig steigt aber in Sektoren wie z.B. der Reise- und Veranstaltungsbranche das Risiko von Zahlungsrückständen oder Rückbuchungen für Kartenanbieter und Händlerbanken. „Viele Kunden und Unternehmen kämpfen mit den finanziellen Folgen der Pandemie.“, sagt Markus Ampenberger. Für die Zahlungsdienstleister eine große Herausforderung. „Sie müssen jetzt kurzfristig ihr Kundenportfolio anpassen und ihr Risikomanagement verbessern.“
Etwa ein Drittel der Zahlungsverkehrserträge stammen aus dem B2B-Bereich. Anbieter von ERP- und Treasury Management Software, globale Einkaufsplattformen und FinTechs drängen seit längerem auf diesen Markt, Corona verschärft den Wettbewerb zusätzlich. „Etablierte Finanzdienstleister, die sich Marktanteile sichern wollen, müssen näher an ihre Kunden rücken“, sagt Koautor der Studie Dr. Michael Strauß, BCG-Partner und zuständig für Payments in Europa. „Die Kunden brauchen Lösungen beispielsweise für Cash-Flow-Prognosen in Echtzeit, für die Optimierung der Liquidität oder die Sicherstellung einer kurzfristigen Finanzierung zu adäquaten Konditionen.“
Der Markt für Zahlungsdienstanbieter ist hoch dynamisch und im Umbruch. Es gibt zwar attraktive Wachstumschancen, doch der Handlungsdruck steigt. „Jetzt ist der Zeitpunkt, sich für die Zukunft aufzustellen“, sagt Strauß. „Die Anbieter müssen ihr Produktportfolio am veränderten Kundenverhalten ausrichten, ihre Organisation konsequent datengesteuert umstellen und vor allem die Digitalisierung vorantreiben. Fusionen, strategische Kooperationen und der Aufbau von Ökosystemen helfen dabei.“
Über die Studie
Der jährliche Global Payments Report analysiert die Entwicklungen des Marktes für Zahlungsabwicklungen und erscheint dieses Jahr in der 18. Ausgabe. Er basiert unter anderem auf Daten von SWIFT und Auswertungen des BCG Global Payment Models. Die diesjährige Studie kann hier heruntergeladen werden:
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