München/Zürich—Nach einem schwachen Jahr 2022 ist das weltweite Nettovermögen im vergangenen Jahr wieder deutlich gestiegen – um vier Prozent auf 477 Billionen US-Dollar. Die Finanzvermögen (Bargeld, Kontoguthaben, Schuldverschreibungen, Aktien und Investmentfonds sowie Pensionen) legten dabei am stärksten zu und erhöhten sich um sieben Prozent auf 275 Billionen US-Dollar, Sachwertvermögen (Immobilien, Edelmetalle und andere physische Anlagen) stiegen um nur zwei Prozent auf 262 Billionen US-Dollar. Die Verbindlichkeiten hingegen erhöhten sich um vier Prozent (jetzt 60 Billionen USD).
Das sind Ergebnisse des BCG Global Wealth Report 2024 The GenAI Era Unfolds, der in diesem Jahr zum 24. Mal erscheint. Akin Soysal, BCG-Partner in Zürich und Co-Autor der Studie, sagt: „2023 war wieder ein deutlich besseres Jahr an den internationalen Finanzmärkten, vor allem Anlegerinnen und Anleger in Nordamerika und Westeuropa haben davon profitiert.“
Der Report zeigt, dass sich der Reichtum am stärksten sowohl absolut als auch prozentual in Nordamerika vermehrt hat. Die USA liegen mit 119 Billionen US-Dollar weiterhin deutlich an der Spitze des Rankings der Finanzvermögen. Im vergangenen Jahr erhöhte es sich dort allein um knapp neun Prozent beziehungsweise 9,9 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: Die Erhöhung des Finanzvermögens in den USA im vergangenen Jahr entspricht mehr als der Hälfte des gesamten Vermögens in Deutschland, Sachwerte inklusive. Im Vermögens-Ranking hinter den Vereinigten Staaten folgen China (33 Billionen USD), Japan (15 Billionen USD) und Deutschland (9 Billionen USD). Bis 2028 rechnen die Autoren damit, dass sich das Finanzvermögen weltweit um 92 Billionen US-Dollar vermehren wird.
Deutsche Vermögen kaum verändert – Sachwerte verlieren an Wert
Das Gesamtnettovermögen der Deutschen hat sich trotz der guten Börsenentwicklung kaum verändert und erhöhte sich nur um etwa 60 Milliarden US-Dollar – auf knapp 19,2 Billionen US-Dollar. Im Vergleich mit anderen Industrienationen hat Deutschland damit bei der Vermögenssteigerung das Nachsehen. Das Finanzvermögen hierzulande wuchs zwar um etwa fünf Prozent an, doch dem entgegen standen höhere Schulden und sinkende Sachwertvermögen (minus 290 Milliarden USD/ minus 2.3 % im Vergleich zum Vorjahr). „Die gestiegenen Zinsen haben sich in Deutschland vor allem auf die Wertentwicklung am Immobilienmarkt ausgewirkt, der hierzulande ein sehr hohes Gewicht hat“, sagt BCG-Partner Soysal. Deutlich über die Hälfte der Vermögen (knapp 12,3 Billionen US-Dollar) sind in Sachwerte investiert.
73.000 „Superreiche“ weltweit– Drittmeiste in Deutschland
Weltweit gibt es mittlerweile etwa 73.000 „Ultra High Net Worth Individuals“ (UHNWI), das sind 7.000 mehr als im Vorjahr. Diese Superreichen besitzen jeweils mehr als 100 Millionen US-Dollar Finanzvermögen. Die meisten davon, mehr als 26.000, leben in den USA, gefolgt von China (8.300) und Deutschland (3.300, plus 300 gegenüber dem Vorjahr). Auf den weiteren Plätzen folgen Frankreich (2.700), Indien (1.200) und Mexiko (850). Zusammengerechnet verfügt diese Gruppe der Superreichen über knapp 38 Billionen US-Dollar Finanzvermögen und damit fast 14 Prozent des gesamten Finanzvermögens weltweit. Der Report zeigt: Je höher das Anfangsvermögen des Einzelnen war, desto höher waren auch die Zuwächse.
Das gilt auch in Deutschland, wo die Vermögensverteilung überdurchschnittlich ungleich ist. Die UHNWI in Deutschland besitzen knapp 2,1 Billionen US-Dollar und damit 23 Prozent des gesamten Finanzvermögens hierzulande – das ist ein Prozentpunkt mehr als im Vorjahr und knapp neun Prozentpunkte mehr als der globale Durchschnitt dieser Gruppe. Auch die Zahl der Dollarmillionäre in Deutschland wächst: Etwa 555.000 Menschen besitzen derzeit mehr als eine Millionen US-Dollar Finanzvermögen. Die Zahl ist im vergangenen Jahr um etwa 30.000 gestiegen.
Dem entgegen stehen 66,5 Millionen Deutsche, die weniger als 250.000 US-Dollar Finanzvermögen besitzen. Zusammengerechnet gehören dieser Gruppe 42 Prozent des gesamten Finanzvermögens im Land. Die Berechnungen der Studienautoren zeigen, dass sich dieser Trend in den kommenden fünf Jahren sogar noch verstärken wird. Die Superreichen vereinen dann etwa 26 Prozent des gesamten Finanzvermögens in Deutschland auf sich.
Je mehr Vermögen, desto stärker waren zuletzt auch die Zuwächse in Deutschland. Hierzulande erhöhten sich die Finanzvermögen bei den Superreichen um mehr als 10 Prozent. Je niedriger in der Vermögenspyramide angesiedelt, desto niedriger auch der Vermögenszuwachs der Einzelnen. Im Segment von einer bis fünf Millionen Euro Vermögen lag der Zuwachs etwa noch bei mehr als fünf Prozent, im größten Segment (0 bis 250.000 USD Finanzvermögen) lag er nur noch bei jeweils 1,5 Prozent Zuwachs – und damit unter der Inflationsrate. „Sehr wohlhabende Anleger haben einen höheren Anteil ihres Vermögens am Kapitalmarkt und in renditestarken Anlageklassen wie Private Equity investiert“, erklärt BCG-Partner Soysal. „Weniger Vermögende setzen traditionell auf risikoärmere Anlageklassen wie Bankguthaben, Bargeld oder Versicherungen – zulasten der Rendite.“
Schweiz bleibt Finanzplatz Nummer eins – dicht gefolgt von Hongkong
Sobald makroökonomische Unsicherheiten vorherrschen, nehmen die Vermögensströme über Ländergrenzen hinweg zu. Das zeigte sich besonders 2022 mit dem Krieg in der Ukraine und wirkte auch 2023 nach. „Investoren suchen in Krisenzeiten sichere Häfen im Ausland“, sagt Studienautor Soysal. So sind die sogenannten Cross Border Assets im Jahr 2023 um mehr als fünf Prozent auf 13,2 Billionen US-Dollar weltweit angewachsen. Die Schweiz als „Booking Center“ verfügt weiterhin über das höchste Anlagevermögen (2,6 Billionen US-Dollar) und ist mit 4,8 Prozent zuletzt stärker gewachsen als die weltweite Nummer zwei, Hongkong (2,4 Billionen USD, 3,2 % plus). Vor allem niedrigere Zuflüsse aus China waren dafür ausschlaggebend. An dritter Stelle folgt Singapur mit einem verwalteten Vermögen von 1,7 Billionen US-Dollar, das gegenüber dem Vorjahr um 7,8 Prozent kräftig zulegen konnte. Am stärksten wuchsen die Cross Border Assets in den Arabischen Emiraten (plus 8,9 %).
Margen der Wealth Manager sinken seit Jahren – KI kann Produktivität steigern
Die Margen der Vermögensverwalter sind seit 2007 signifikant gesunken. Die Studienautoren rechnen damit, dass sich dieser Abwärtstrend fortsetzen wird. Damit die Branche weiterhin profitabel bleibt, sollten sich Wealth Manager mit den Möglichkeiten von (generativer) künstlicher Intelligenz (KI) auseinandersetzen, empfiehlt Studienautor Akin Soysal. „Die Branche hat kein Erkenntnisproblem, es hapert eher noch an der Umsetzung“, sagt er. Der Report zeigt, dass 85 Prozent der Wealth Manager damit rechnen, dass KI große Auswirkungen auf die Branche haben wird, allerdings haben vier von fünf Anbietern noch keine langfristige GenAI-Strategie vorzuweisen. Drei Viertel gaben an, dass sie es sehr herausfordernd finden, festzustellen, wo die Technologie am meisten Wert schaffen kann. „GenAI kann die Produktivität um bis zu 30 Prozent erhöhen und gleichzeitig die Qualität der Beratung enorm steigern – dieses Potenzial sollten Wealth Manager nicht ungenutzt lassen“, rät Soysal.
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Felix Kupferer
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Mit dem Global Wealth Report untersucht die Boston Consulting Group jährlich die weltweite Entwicklung privater Finanzvermögen, Sachwerte sowie Verbindlichkeiten. Die Analyse umfasst aktuell 97 Märkte, auf die zusammen 98 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts entfallen, und berücksichtigt Daten von mehr als 100 Vermögensverwaltern. Die Angaben sind währungsbereinigt. Die diesjährige Studie ist die 24. Ausgabe.
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