Corona bremst weltweites Vermögenswachstum so stark wie seit elf Jahren nicht mehr

Positive Entwicklung am Kapitalmarkt ließ Vermögen im Jahr 2019 um zehn Prozent steigen – Deutschland bei Gesamt­vermögen auf Platz fünf  // Corona-Krise könnte Wachstumsstopp auslösen // Erfolgreiche Vermögensverwalter begegnen Krise mit digitaler Transformation

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Düsseldorf – Das weltweite Privatvermögen ist von 2018 auf 2019 deutlich gestiegen. Bereinigt um Währungseffekte stieg es um zehn Prozent auf 226,4 Billionen US-Dollar an. Im Jahr davor war es mit 1,6 Prozent kaum gewachsen. Die Corona-Krise könnte das Wachstum nun zum Stillstand bringen. Das geht aus der Studie „Global Wealth Report 2020: The Future of Wealth Management—A CEO Agenda“ der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) hervor. Die Studie erscheint dieses Jahr in ihrer 20. Version. „Der Haupttreiber für den deutlichen Zuwachs an weltweitem Privatvermögen war die positive Entwicklung an den Kapitalmärkten“, analysiert Anna Zakrzewski, BCG-Partnerin und Autorin der Studie. In den vergangenen 20 Jahren hat sich das persönliche Finanzvermögen weltweit fast verdreifacht. „Trotz mehrerer Krisen entwickelte sich das Vermögenswachs­tum robust“, erklärt Zakrzewski.

Das Finanzvermögen der Deutschen ist von 2018 auf 2019 ebenfalls gestiegen – währungsbereinigt um rund 6,4 Prozent auf 7,7 Billionen US-Dollar. Mit dieser Entwicklung liegt Deutschland nach wie vor im weltweiten Vergleich des Gesamtvermögens auf dem fünften Platz. „Der Anstieg ist zum einen auf die starke Entwicklung des DAX zurückzuführen, zum anderen auf das erfolgreiche volkswirtschaftliche Jahr 2019 mit einem Zuwachs des Brutto­inlandprodukts zum zehnten Mal in Folge“, sagt Zakrzewski. „Im Vergleich zu den USA ist es jedoch ein moderater Anstieg. 2019 haben Deutsche eine gute Chance der Vermögenssteigerung verpasst. In Zeiten von Corona, wo eine höhere Volatilität der Märkte zu erwarten ist, kann ein konservatives Anlage­verhalten allerdings auch von Vorteil sein“, so die Autorin weiter. Nach wie vor befinden sich rund 40 Prozent des Privatvermögens hierzulande in Spar­einlagen oder Bargeld. Das sind zehn Prozent mehr als der Durchschnitt in Westeuropa und bietet somit ein großes Potenzial für Vermögensverwalter.

Wie auch in den Jahren zuvor wird die Liste von den USA mit 94,2 Billionen US-Dollar angeführt, gefolgt von China (23,8 Billionen US-Dollar), Japan (17,6 Billionen US-Dollar) und Großbritannien (9,7 Billionen US-Dollar). Insgesamt halten Millionäre mehr als die Hälfte des gesamten Finanz­vermögens weltweit. Bei der Anzahl der Personen mit einem Vermögen von über 100 Millionen US-Dollar zählt Deutschland mehr als 2.400.

Corona kann zu Stillstand führen
Während Prognosen aus dem Jahr 2019 ein weltweites jährliches Vermögens­wachstum von 5,7 Prozent und in Deutschland von 4,6 Prozent für die kommenden fünf Jahre zeigten, ergeben sich durch die aktuelle Pandemie deutlich nach unten korrigierte Szenarien. Das Vermögen der Deutschen wird im besten Fall bis 2024 voraussichtlich um 4,2 Prozentpunkte pro Jahr auf 9,5 Billionen US-Dollar wachsen. Bei einer langsamen Erholung der Wirtschaft ist mit einem maximalen Wachstum von 3,4 Prozentpunkten pro Jahr, im schlimmsten Fall nur mit 2,5 Prozentpunkten zu rechnen. Das Vermögen der Deutschen würde dann 2024, bedingt durch das geringe Wachstum, bei rund neun Billionen US-Dollar liegen.

„Wir erleben seit zehn Jahren einen Bullenmarkt. Dieses ideale Umfeld und die damit verbundenen hohen Mittelzuflüsse haben Vermögensverwalter davor bewahrt, schwierige Entscheidungen treffen zu müssen. Jetzt stehen neue Zeiten an, in denen diese Entscheidungen beschleunigt werden müssen“, sagt Zakrzewski. „Denn die Corona-Krise kann den Druck auf die Profitabilität der Vermögensverwalter so stark erhöhen wie seit der Finanz­krise 2008 nicht mehr“, sagt sie weiter.

Krise setzt Vermögensverwalter unter Druck
Viele Vermögensverwalter sind bereits geschwächt in die Krise gestartet: Ende 2019 war die Rendite der Vermögenswerte (ROA) bereits 22 Basispunkte (0,22 Prozent) niedriger und die Cost-Income-Ratio 13 Prozent höher im Vergleich zu 2007.

Durch die Corona-Krise stehen Vermögensverwalter vor der Herausforderung, ihr Geschäft mit deutlich sinkenden Margen voranzutreiben. „Die Entwick­lung personalisierter Produkte und Services, die Reduzierung von Kosten sowie die Nutzung von Big Data und Advanced Analytics, also neuen digitalen Analyseverfahren, sind essenziell, um Kunden auch in Zukunft zu binden“, erklärt Zakrzewski. „Die meisten Vermögensverwalter fokussieren sich momentan mehrheitlich auf kurzfristige Verbesserungsmaßnahmen, anstatt langfristig an die Zukunft zu denken. Dies ist problematisch – was heute ein Wettbewerbsvorteil ist, wird in Zukunft zum Standard geworden sein“, so Zakrzewski weiter. „Es ist jetzt an der Zeit, digitale und kulturelle Trans­formationen anzustoßen und sich klar zu überlegen, wie Vermögensverwalter sich in Zukunft differenzieren wollen. So können sie sich von der Konkurrenz absetzen und die Krise bewältigen.“

Über die Studie
Mit dem Global Wealth Report untersucht die Boston Consulting Group jährlich die weltweite Entwicklung privater Finanzvermögen und bezieht Vermögenswerte in Bargeld, Aktien, Wertpapieren und Fonds in die Berech­nungen mit ein. Die Analyse umfasst aktuell 97 Märkte, auf die zusammen 98 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts entfallen, und berücksichtigt Daten von mehr als 150 Vermögensverwaltern. Die diesjährige Studie ist die 20. Ausgabe.

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