München—Europa droht, seine Wettbewerbsvorteile bei grünem Wasserstoff einzubüßen und hinter China und die USA zurückzufallen. Die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) schätzt in ihrer aktuellen Studie „De-Risking Low-Carbon Hydrogen: A Guide for Machinery Makers“, dass ausländische Anbieter die europäische Wasserstoffindustrie bereits in drei bis fünf Jahren bei Kosten, Qualität und Leistung übertreffen könnten. Damit würde Europa nach Solar, E-Mobility und Windkraft in einer weiteren Zukunftstechnologie den Anschluss verlieren. „Europa hinkt bei der Förderung von grünem Wasserstoff den USA und China bereits heute hinterher, sowohl was die Ziele als auch deren Umsetzung betrifft. Damit steht die Wettbewerbsfähigkeit unserer Innovatoren und Maschinenbauer auf dem Spiel“, sagt Sebastian Schrapp, BCG-Partner und Studienautor.
Kohlenstoffarmer Wasserstoff, der durch Elektrolyse aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, ist für Europa von zentraler Bedeutung: Zum einen ist er ein wichtiger Baustein für einen autarken und kohlenstoffarmen Energiemix. Zum anderen bietet er europäischen Maschinenbau- und Industrieunternehmen die Chance, sich als technologische Vorreiter von der Konkurrenz abzuheben, sich auf einem wachsenden Markt frühzeitig zu positionieren sowie langfristig Arbeitsplätze in einem Hochtechnologiesektor zu schaffen. Die Europäische Kommission hat daher die Zielmarke formuliert, bis 2030 zehn Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoff zu erzeugen und im Zuge des European Green Deal hierfür umfangreiche Subventionsprogramme initiiert. Europa ist aktuell allerdings weit davon entfernt, diese Ziele zu erreichen, wie die BCG-Studie zeigt: „Nicht einmal zwei Prozent der für 2030 in Europa angekündigten Produktionskapazitäten haben den Planungsstand überschritten“, so Schrapp.
Strategie von China und USA: Preiskampf, Patente und Subventionen
Noch zehrt die europäische Wasserstoff-Industrie von ihren bestehenden Wettbewerbsvorteilen in Form von fortschrittlicher Materialwissenschaft, durchgängiger Systemeffizienz und einer höheren Lebensdauer der Anlagen. Die bessere Qualität der einzelnen Komponenten führt dazu, dass westliche Elektrolyseeinheiten das Kilowatt grünen Wasserstoff noch um 10 bis 15 Prozent günstiger produzieren können als die Konkurrenz aus China. Bei großen Projektausschreibungen ist jedoch von Preisnachlässen von bis zu sechzig, teilweise achtzig Prozent im Vergleich zu europäischen Angeboten die Rede. Die Vermutung liegt nahe, das chinesische Elektrolyseanbieter in einer Kombination aus staatlicher Unterstützung, zunehmendem Wachstumsdruck und globalen Ambitionen ihre Produkte im internationalen Markt positionieren wollen.
China verfolgt klare Ziele für den Aufbau der Infrastruktur, die Produktion und die Nutzung von grünem Wasserstoff. Technologische Innovationen werden gezielt gefördert. Das Ergebnis zeigt sich an den rund 1.000 neuen Patentfamilien, die in China in den vergangenen Jahren entstanden sind – ca. dreimal mehr als in Europa. Auch die übrigen globalen Wettbewerber machen große Fortschritte bei der Entwicklung und Skalierung der Zukunftstechnologie. Die USA fördern durch den „Inflation Reduction Act“ (IRA) die heimische Wasserstoffindustrie sowie den Bau der notwendigen Infrastruktur. Durch finanzielle Anreize wird die Wasserstoffproduktion wirtschaftlich tragfähiger und attraktiver für Investoren. Innovationen sowie Effizienzsteigerungen in diesem Sektor werden dadurch vorangetrieben. All diese Faktoren könnten dazu führen, dass die Kosten für Elektrolyse international bis 2030 um mehr als 40% fallen werden, so BCG-Berechnungen.
Grüner Wasserstoff made in Germany ist zu teuer
Hinzu kommt: Durch die gestiegenen Kapitalkosten und einer geringeren Anzahl an Volllaststunden, ist die Wasserstoffproduktion in Teilen Europas doppelt so teuer wie ursprünglich angestrebt – das zeigt sich vor allem in Deutschland. BCG-Experten schätzen die Kosten für grünen Wasserstoff aus Deutschland ab 2030 voraussichtlich auf bis zu fünf bis acht Euro pro Kilogramm anstatt der ursprünglich avisierten drei Euro. „Die Herstellung von grünem Wasserstoff wird in Deutschland aufgrund der Rahmenbedingungen immer teurer bleiben als bei europäischen Nachbarn und wird zu diesen Preisen kaum Abnehmer finden“, sagt Jens Burchardt, BCG-Partner und Experte für Klima-, Energie- und Nachhaltigkeitsthemen. „Ohne weitere regulatorische Unterstützung werden viele der aktuell geplanten Projekte kaum über die Konzeptphase hinauskommen“, so Burchardt.
So kann die europäische Wasserstoffindustrie jetzt punkten
Die BCG-Studie identifiziert drei Hebel, mit denen sich Europas Wasserstoffindustrie gegen den Vormarsch der internationalen Konkurrenz wappnen kann.
„Jetzt ist schnelles Handeln erforderlich“, sagt Schrapp. Er erwarte, dass chinesische Elektrolyselösungen mit westlichen Wirkungsgraden ab 2025 weltweit verfügbar sein werden – zu einem deutlich niedrigeren Preis. „Wenn wir ein Déjà-vu, ähnlich wie bei der Elektromobilität, der Photovoltaik-Technologie oder dem Windkraftsektor, verhindern wollen, bedarf es gemeinsamer, harmonisierter Anstrengungen“, empfiehlt der Experte.
Pressekontakt:
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Media Relations Coordinator
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Um die Studie zu erhalten, wenden Sie sich bitte an den angegebenen Pressekontakt. Die Studie „ De-Risking Low-Carbon Hydrogen: A Guide for Machinery Makers“ basiert auf dem „BCG hydrogen ecosystem framework“. Dieses wurde genutzt, um Europas Position im globalen Wettbewerb, insbesondere im Vergleich zu China und den USA, zu analysieren. Die Studie identifiziert mehrere Stärken und Schwächen der EU im Wettbewerb um die Marktführerschaft in der Wasserstoffindustrie. Verschiedene Dimensionen wie Innovationskraft, Versorgungsketten, Kosteneffizienz und Infrastruktur wurden dabei bewertet. Die Analyse stützt sich auf Datenquellen wie Patentsicht, Derwent Innovation und das BCG Green Tech Portal, sowie Experteninterviews und sekundäre Studien, um ein umfassendes Bild der Wettbewerbslandschaft zu zeichnen.
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